Future of Finance: Das Digital Finance Forum beim BMF - Bundesfinanzministerium - BMF-Monatsbericht Mai 2023 (2023)

  • Im März 2022 hat Bundesfinanzminister Christian Lindner das Digital Finance Forum (DFF) als Austauschplattform zwischen Politik und digitaler Finanzindustrie eröffnet. Das DFF beim BMF zählt rund 40 Mitglieder, die sich durch ihre hohe Expertise im FinTech-Bereich auszeichnen.
  • Nach einem Jahr intensiver inhaltlicher Diskussionen hat das DFF im März 2023 seine „Roadmap für den digitalen Finanzmarkt Deutschland 2030“ veröffentlicht. Darin geben die Expertinnen und Experten finanzmarktspezifische und -übergreifende Impulse für einen zukunftsfähigen digitalen Finanzstandort Deutschland.
  • Für das BMF ist die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzstandorts Deutschland im Bereich digitaler Technologien ein wichtiges Anliegen. Deswegen werden Themen aus der Roadmap des DFF bereits im Zukunftsfinanzierungsgesetz adressiert.
  • FinTechs sorgen für mehr Innovation, Effizienz und Wettbewerb im Finanzmarkt. Von einer zukunftsfähigen und wirtschaftsstarken FinTech-Landschaft in Deutschland profitieren Bürgerinnen und Bürger ebenso wie Unternehmen.

Einleitung

Im Koalitionsvertrag hat sich die Bundesregierung das Ziel gesetzt, Deutschland zu einem führenden europäischen Standort für digitale Finanzdienstleister zu machen.1 Dabei gilt es, die Potenziale neuer Technologien zu heben, deren Risiken zu verstehen und einen sicheren, innovationsfördernden und regulatorischen Rahmen zu schaffen. Für einen attraktiven FinTech-Standort Deutschland hat Bundesfinanzminister Christian Lindner im März 2022 unter dem Motto „Shaping the Future of Finance“ das Digital Finance Forum (DFF) beim BMF eröffnet. Es stellt eine Plattform zum Austausch zwischen Politik und Praxis dar, um den digitalen Finanzstandort Deutschland zu stärken und zukunftsfest zu machen. In regelmäßigen Treffen werden im Rahmen des DFF Chancen für ein starkes FinTech-Ökosystem identifiziert und Impulse für Regulierung, Aufsicht und Markt für den FinTech-Standort Deutschland in Europa erarbeitet.

FinTech (kurz für Financial Technology)
beschreibt Unternehmen, die technologiebasierte Anwendungen in Zusammenhang mit dem Finanzmarkt anbieten. Dabei handelt es sich häufig, aber nicht notwendigerweise, um Start-ups. Auch Produkte und Dienstleistungen etablierter (Finanz-)Unternehmen setzen zunehmend auf innovative Technologien wie Künstliche Intelligenz oder Distributed-Ledger-Technologie (s. u.). Geschäftsmodelle von FinTechs sind vielfältig und reichen von mobilen Zahlungsplattformen und digitalen Geldbörsen bis hin zu Blockchain-Anwendungen (ebenfalls s. u.).

Für einen starken FinTech-Standort Deutschland

Das DFF beim BMF besteht aus rund 40 ehrenamtlichen Mitgliedern, die sich durch ihre Expertise im Bereich digitaler Finanztechnologien auszeichnen. Gründerinnen und Gründer sind dabei ebenso vertreten wie (Fin)Tech-Spezialistinnen und -Spezialisten aus etablierten Unternehmen und der Wissenschaft. Die Expertinnen und Experten stellen ein diverses Abbild der deutschen digitalen Finanzindustrie dar, was eine ausgewogene und reflektierte Meinungsbildung in dem Gremium ermöglicht. Seit Auftakt im März 2022 hat das DFF in regelmäßigen Sitzungen der Arbeitsgruppen zu den Bereichen Payments, Retail Banking, Insurance und Investment sowie Blockchain Handlungsfelder identifiziert und Fortschrittsimpulse gesetzt, die für einen wettbewerbsfähigen FinTech-Standort Deutschland von Bedeutung sind. Im Zuge der inhaltlichen Diskussionen in den Sitzungen unter Leitung des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Florian Toncar wurde deutlich, dass regulatorische Erfolgsfaktoren in einer vernetzten und vorwiegend europäisch regulierten Finanzbranche neben dem BMF auch weitere Akteure auf europäischer, Bundes- und Landesebene betreffen. Im Sinne einer ressort- und institutionsübergreifenden Zusammenarbeit fanden themenzentrierte Sitzungen des DFF-Forums auch unter Beteiligung z. B. der Europäischen Kommission, des Bundesministeriums des Inneren und für Heimat und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht statt.

Das BMF verfolgt mit dem DFF das Ziel, Deutschland als FinTech-Standort in Europa zu stärken. Für eine wettbewerbs- und zukunftsfähige Politik und Regulierung ist es notwendig, Marktrealität und -dynamiken zu verstehen und technologische Entwicklungen zu durchdringen. Der Austausch mit dem DFF trägt dazu bei, ein gemeinsames Verständnis aktueller markt- und technologieseitiger Fortschritte herzustellen, so z. B. in Bezug auf die Distributed-Ledger-Technologie, deren Anwendungsfeld im Bereich der Kryptowerte im Finanzmarkt in den vergangenen Jahren dynamische Entwicklungen durchlebt hat.

Distributed-Ledger-Technologie (DLT)
ist eine Technologie zur Aufzeichnung von Informationen über eine auf mehrere Computersysteme verteilte, d. h. dezentrale Datenbank. Regelmäßig beruht DLT auf der Public-Key-Kryptografie, einem kryptografischen System, das Schlüsselpaare verwendet: zum einen öffentliche Schlüssel, die öffentlich bekannt sind und der Identifizierung dienen, und zum anderen private Schlüssel, die geheim gehalten und zur Authentifizierung und Verschlüsselung verwendet werden. Blockchain ist ein Unterfall der DLT, bei dem mehrere Informationen zu einem Block zusammengefasst und Blöcke in chronologischer Reihenfolge miteinander unter Einsatz kryptografischer Verfahren verkettet in verteilten Datenbanken gespeichert werden.

FinTechs bereichern den Finanzmarkt grundsätzlich mit technologiegetriebenen Produkten und Services, die sich durch Effizienz, Zugänglichkeit und Benutzerfreundlichkeit auszeichnen. Sie wirken als Innovationstreiber und sorgen für mehr Wettbewerb im Finanzsektor. Durch ihre Brückenfunktion zwischen klassischen Finanzanwendungen, modernen Technologien und dem Nexus zur Realwirtschaft spielen FinTechs eine wichtige Rolle in der digitalen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft: Neue Technologien können neue oder bessere (Finanz-)Produkte und -dienstleistungen für Bürgerinnen und Bürger ermöglichen. Beispielsweise erleichtern und vereinfachen mobile Zahlungsplattformen den Kaufprozess sowohl im E-Commerce als auch im stationären Handel. Versicherungsanwendungen unter Nutzung von Künstlicher Intelligenz automatisieren und beschleunigen die Schadensabwicklung; und Investment-Apps machen neuen Zielgruppen den Handel mit Wertpapieren zugänglich.

Der FinTech-Markt in Deutschland ist für sich genommen stark, gerade im Bereich junger Unternehmen. Im Vergleich zur gesamten deutschen Start-up-Branche sind FinTechs signifikant umsatzstärker; zudem gibt es unter den deutschen FinTechs deutlich mehr Scale-ups verglichen mit dem gesamten Start-up-Ökosystem.2 Im europäischen und internationalen Vergleich wird das Potenzial für die Entfaltung von Innovation und Wirtschaftskraft ersichtlich: Gemessen an der Einwohnerzahl (pro Million Einwohnerinnen und Einwohner) liegt Deutschland mit sieben FinTechs verglichen mit anderen europäischen Staaten abgeschlagen hinter Spitzenreitern wie Irland (30 FinTechs), der Schweiz (30 FinTechs) und dem Vereinigten Königreich (26 FinTechs).3 Auch in puncto Finanzierungsvolumen für FinTechs wird Deutschland gemessen an der Einwohnerzahl u. a. von den Niederlanden, Schweden oder Österreich überholt.4 Zu Hintergründen der ausbaufähigen Position Deutschlands in Bezug auf seine Standortattraktivität und Innovationskraft im FinTech-Bereich nehmen auch die Expertinnen und Experten des DFF in ihrer „Roadmap für den digitalen Finanzmarkt Deutschland 2030“ vom März 2023 Stellung.5

Roadmap Digitaler Finanzmarkt Deutschland 2030 des DFF

Von A wie Aufsicht bis Z wie Zahlungsdiensterichtlinie: Die Mitglieder des DFF haben in ihrer Roadmap eine Vielzahl an Handlungsfeldern für einen zukunftsfähigen digitalen Finanzmarkt Deutschland identifiziert. Die Impulse und Empfehlungen richten sich an Regulierung und Aufsicht, aber auch an Markt und Gesellschaft: Ein starker Finanzstandort Deutschland braucht gute Rahmenbedingungen ebenso wie innovative Ideen und stringente Umsetzung aus der Privatwirtschaft.

Die Kernthemen der Roadmap lassen sich in drei Kategorien einteilen:

  1. Talente, Gründungen und Innovation stärken: Angesichts der demografischen Entwicklung und als dringliche Reaktion auf den Fachkräftemangel steht die Gewinnung von Talenten für die Expertinnen und Experten ganz oben auf der Prioritätenliste. Unter anderem durch eine attraktivere und im europäischen und internationalen Vergleich wettbewerbsfähige Ausgestaltung von Mitarbeiterkapitalbeteiligung könne die Bundesrepublik hier aufholen – ein Thema, das auch im Zukunftsfinanzierungsgesetz adressiert wird (s. a. den Schlaglichtartikel sowie das Interview mit Dr. Eva Wimmer in dieser Ausgabe).
  2. Finanzmarktregulierung und -aufsicht zukunftsweisend gestalten: In dieser Kategorie betont das DFF insbesondere die Notwendigkeit eines regulatorischen und aufsichtlichen Level-Playing-Fields im digitalen Finanzmarkt. Europäische Regulierung z. B. im Bereich der Finanzdatenökonomie sollte praktikabel und rechtssicher ausgestaltet sein. Deutschland sollte in der Umsetzung europäischer Rechtsakte faire Bedingungen für heimische Unternehmen gewährleisten.
  3. Rahmenbedingungen der Digitalwirtschaft sowie der digitalen Infrastruktur stärken: Für die digitale Finanzindustrie sind ebenso wie für die sektorübergreifende Digitalwirtschaft moderne, medienbruchfreie technische Lösungen im Bereich der digitalen Infrastruktur und der digitalen Verwaltung von entscheidender Geschäftsrelevanz. Aufgrund ihrer zahlreichen Anwendungsfälle im Alltag von Bürgerinnen und Bürgern ebenso wie von Unternehmen schlägt das DFF z. B. vor, zur Beschleunigung und zielgruppengerechten Ausgestaltung digitalpolitischer Projekte wie der digitalen Identität öffentlich-private Partnerschaften zwischen (Finanz-)Industrie und öffentlichem Sektor für diese Projekte einzugehen.

Mit den oben genannten und zahlreichen weiteren kurz- und mittelfristigen Impulsen der „Roadmap für den digitalen Finanzmarkt Deutschland 2030“ hat das DFF eine Innovationsagenda für den digitalen Finanzstandort Deutschland gesetzt. Es gilt nun, die dort aufgeführten Themen seitens Politik und Verwaltung im Sinne der Zukunftsfähigkeit des Standorts Deutschland in Europa umzusetzen.

Ausblick

Durch den Einsatz neuer Technologien stärken FinTechs Wettbewerb und Innovation im Finanzsektor und verändern die Art und Weise, wie Finanzdienstleistungen bereitgestellt werden. Der Austausch mit dem DFF beim BMF dient der Förderung dieser Innovation. Im weiteren Verlauf der Legislaturperiode werden die Diskussionen mit dem DFF in agiler Arbeitsweise fortgeführt: Im Fokus stehen – aufbauend auf der Roadmap – themenspezifische Sitzungen, in denen die Handlungsfelder gemeinsam mit den Expertinnen und Experten im Einzelnen analysiert und vorangebracht werden sollen.

Die Industrie ist ein wichtiger Motor für technologische und wirtschaftliche Weiterentwicklung, und die politischen Rahmenbedingungen tragen dazu bei, diese Innovationen zu katalysieren und zu ermöglichen. Zu diesen Rahmenbedingungen zählen im Bereich digitaler Finanzinnovationen neben der Förderung von Forschung und Entwicklung auch gute Finanzierungsmöglichkeiten für neue Geschäftsmodelle und junge Unternehmen sowie risikoorientierte, der Marktrealität angemessene Regulierung und Aufsicht. Durch den transparenten Austausch von Ideen, Perspektiven und Meinungen zwischen Politik und Praxis kann ein guter Rahmen für innovative Technologien und Geschäftsmodelle entstehen, die zu gesamtwirtschaftlichem Wachstum beitragen. Es ist klar: Eine gute Regulierung muss den Markt verstehen.

1
SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP: Mehr Fortschritt wagen, 24. November 2021, abrufbar hier [pdf, 1,1MB] (Stand 24. April 2023).
2
Bundesverband Deutsche Startups e. V.: FinTech Startup Monitor 2021, 3. März 2021, abrufbar hier [pdf, 13,9MB] (Stand 24. April 2023).
3
McKinsey: Europäische FinTech-Champions – Made in Germany, 1. Juni 2022, abrufbar hier [pdf, 20,2MB] (Stand 24. April 2023).
4
ebd.
5
Digital Finance Forum beim Bundesministerium der Finanzen: Roadmap Digitaler Finanzmarkt Deutschland 2030, 21. März 2023, abrufbar hier [pdf,347KB] (Stand 24. April 2023).
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Author: The Hon. Margery Christiansen

Last Updated: 29/04/2023

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