Strompreisentwicklung: Bleibt Strom für Verbraucher 2023 teuer? (2023)

Im Großhandel ist der Strompreis zwar zuletzt gesunken. Verbraucher zahlen aber weiter hohe Preise. Bleibt das so? Das Wichtigste zur Strompreisentwicklung im Überblick.

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Schon im Herbst 2021 verzeichneten die Strompreise in Deutschland einen Anstieg. Zunächst stieg die Nachfrage sprunghaft durch die weltweiten Corona-Lockdowns. Seit Beginn des Ukrainekriegs im Februar vergangenen Jahres trieb vor allem der Mangel an Erdgas die Strompreise.

Mit der Entspannung der Gasversorgung ist in den vergangenen Wochen auch das Strompreisniveau im Großhandel gesunken. Langsam wirkt sich das auch auf die Endkundenpreise aus.

Die Strompreisentwicklung verunsichert Verbraucher, worauf sie sich einstellen müssen. Warum ist der Strom so teuer? Was kostet die Kilowattstunde Strom aktuell? Wird Strom im Laufe des Jahres wieder billiger? Wie will die Politik entlasten? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Strompreisentwicklung: Wie hoch sind die Strompreise aktuell?

Aktuell schwankt der Day-Ahead-Preis im Großhandel stark. In der zweiten Mai-Hälfte 2023 lagen die höchsten Strompreise bei knapp unter 160 Euro je Megawattstunde (Stand: 23. Mai 2023). Der Day-Ahead-Preis ist der Preis, der für die Stromlieferung am folgenden Tag bezahlt wird.

Die Strompreise haben sich im Großhandel in den vergangenen Jahren vervielfacht. 2022 wurden an vielen Tagen neue Höchstpreise verzeichnet. 2021 belief sich der durchschnittliche Strompreis im Großhandel nach Angaben der Bundesnetzagentur auf 96,85 Euro pro Megawattstunde (MWh), im Jahr 2020 lag er noch bei 30,47 Euro je MWh.

Besonders Ende August 2022 waren die Preisausschläge im Stromgroßhandel hoch. Seitdem hat sich die Lage beruhigt. Mit Einbruch des Winters waren die Strompreise zwar wieder gestiegen, gegen Ende 2022 und ins neue Jahr hinein fielen die Preise allerdings wegen milder Witterung und schwachen Nachfrage. Die Witterung beeinflusst den Strompreis, weil Kälte die Gaspreise treibt und somit die Stromerzeugung in Gaskraftwerken teurer wird.

Was kostet eine Kilowattstunde Strom in Deutschland?

Endkunden zahlen laut dem Verbraucherpreisindex von Verivox aktuell im Schnitt einen Strompreis von 42,11 Cent pro Kilowattstunde (Stand: 23. Mai 2023). Nach Angaben des Vergleichsportals senken im Mai, Juni und Juli insgesamt 91 Stromanbieter ihre Tarife. Strom wird dort im Schnitt um rund 12 Prozent günstiger.

Die Rekordpreise der Energiekrise seien vorbei, insgesamt jedoch bleibe das Preisniveau hoch, analysiert Verivox. So liegen demnach noch immer knapp 80 Prozent aller Stromtarife in der Grundversorgung über der Strompreisbremse. Der staatliche Preisdeckel für Strom gilt seit Januar und soll die Bürger ab Kosten von 40 Cent je Kilowattstunde entlasten. Zahlen Kunden höhere Preise, übernimmt der Staat die Mehrkosten.

Strompreis: Was zahlen Familien und Singles für Strom?

Eine fünfköpfige Familie mit einem Jahresverbrauch von 4.000 Kilowattstunden (kWh) Strom, die heute einen neuen Stromvertrag abschließen muss, zahlt somit aufs Jahr gerechnet 1684,40 Euro. Das sind Stromkosten von 140,37 Euro im Monat.

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Wie setzt sich der Strompreis pro Kilowattstunde zusammen?

Der Strompreis für Endkunden ist in Deutschland mit hohen Umlagen, Abgaben und Steuern belastet. Sie machen den größten Teil des Endpreises aus. Das gilt jedenfalls für private Haushalte, für Gewerbe, Handel und Dienstleistungsfirmen.

Der Strompreis setzt sich aus drei wesentlichen Bestandteilen zusammen:

  • Beschaffungskosten und Vertriebskosten
  • Steuern, Umlagen und Abgaben
  • Entgelte für Transport und Messung

Unter dem Strich übersteigen Steuern, Abgaben und Umlagen für Strom die eigentlichen Beschaffungskosten bei Weitem. Für industrielle Großverbraucher gibt es verschiedene Rabatte bei den Stromnebenkosten. Zu den größten Posten, die Endkunden in Rechnung gestellt werden, zählen die Netzentgelte. Das sind die Gebühren, die für den Betrieb und den Ausbau der Stromnetze anfallen. Sie werden von den Netzbetreibern berechnet. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Übertragungsnetzentgelten und Verteilnetzentgelten.

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Die Übertragungsnetzentgelte bekommen die Betreiber der großen „Stromautobahnen“, mit denen der Strom über große Distanzen transportiert wird. Sie belaufen sich auf rund drei Cent je Kilowattstunde Strom.

Hinzu kommen die Entgelte für die Nutzung und den Ausbau der Verteilnetze. Sie bringen den Strom bis zu jedem Hausanschluss. Die Verteilnetzentgelte schwanken innerhalb Deutschlands zwischen drei bis zu neun Cent je Kilowattstunde.
Außerdem zahlen Haushaltskunden die Umlage nach dem Gesetz zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) sowie Stromsteuer und Umsatzsteuer. Weggefallen ist seit dem 1. Juli vergangen Jahres die EEG-Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz.

Strompreisbremse: Wie will die Politik Verbraucher entlasten?

Jahrelang hatte die EEG-Umlage bei um die sechs Cent je Kilowattstunde gelegen. Mit dem Geld, das über die EEG-Umlage eingesammelt wurde, wurde die Produktion von Strom aus erneuerbaren Quellen finanziert. Nun erfolgt die Finanzierung aus dem Bundeshaushalt.

Am 15. Dezember vergangenen Jahres hat der Bundestag außerdem die Strompreisbremse beschlossen, um Haushalte und Unternehmen zu entlasten.Für die Industrie greift sie ab Januar, für Haushalte und kleinere Unternehmen ab März – dann aber rückwirkend.

Die Stromkosten sollen für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs auf 40 Cent pro Kilowattstunde begrenzt werden.Für verbrauchte Mengen darüber hinaus gilt der höhere Marktpreis, um Verbraucher zum Sparen zu bewegen.

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Verbraucherschützer warnen davor, dass Energieanbieter die Strompreisbremse gezielt für Tariferhöhungen nutzen könnten. Wie das Handelsblatt berichtete, haben bereits zahlreiche Grundversorger Preiserhöhungen von über 150 Prozent ab Januar angekündigt. Überzogene Erhöhungen hat der Gesetzgeber aber mit der Strompreisbremse gleichsam verboten. Die Beweislast soll im Zweifel beim Versorger liegen.Das Bundeswirtschaftsministerium hatte angesichts möglicher Mitnahmeeffekte angekündigt,Tariferhöhungen genau zu prüfen.

Auch „Zufallsgewinne“ der Energiekonzerne sollen abgeschöpft werden. Aus den Einnahmen soll die Deckelung der Strompreise für die Privathaushalte finanziert werden.

Strompreisentwicklung: Warum ist Strom so teuer?

In Deutschland sind die Strompreise im europäischen Vergleich ohnehin sehr hoch. Das liegt an den Abgaben, Umlagen und Steuern. Erschwerend kommt jetzt der starke Anstieg der Gaspreise hinzu. Er sorgt dafür, dass sich die Stromerzeugung erheblich verteuert. Denn mit dem Anstieg der Gaspreise steigen auch die Kosten für die Stromerzeugung. Das liegt an dem Merit-Order-Verfahren, nach dem sich die Strompreise im Stromgroßhandel bilden.

Was ist eine Merit-Order, und wie wirkt sie?

Den Begriff Merit-Order könnte man wörtlich etwa mit „Leistungsreihenfolge“ übersetzen. Er beschreibt das Prinzip im kurzfristigen Handel am Strommarkt, dass immer nur die Stromanbieter genutzt werden, die zu einer bestimmten Stunde des Tages am günstigsten Strom produzieren.

Der günstige Strom aus Wind und Sonne wird also praktisch immer gebraucht. Ist genug davon da, kann der Preis an der Strombörse gegen null sinken, in seltenen Fällen sinkt er sogar unter die Null-Linie: Wenn so viel Strom ins System drückt, dass er nicht mehr sinnvoll verwendet werden kann, treten mitunter „negative Strompreise“ auf.

Wer in diesen Situationen Strom abnimmt, wird also mit Geld belohnt. Das ist aber nur sehr selten der Fall. Wenn dagegen wenig Wind weht, die Sonne nicht scheint oder besonders viel Strom gebraucht wird, steigt der Preis so lange, bis es sich lohnt, Gaskraftwerke zu starten. Das liegt daran, dass Gas so teuer ist.

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Gaskraftwerke kommen erst zum Einsatz, wenn der Strom aller anderen Quellen nicht ausreicht, um die Nachfrage zu decken. Die Gaskraftwerke bestimmen dann den Preis für alle anderen Erzeugungsvarianten, die an der Strombörse gehandelt werden. Dieser Merit-Order-Effekt hebt die Strompreise auf immer neue Rekordhöhen, weil auch das Gaspreisniveau extrem hoch ist. Die Erzeugungsvarianten Wind, Sonne, Biomasse, Atomenergie, Steinkohle und Braunkohle profitieren davon enorm. Hier haben sich die Erzeugungskosten kaum oder gar nicht verändert, die Verkaufspreise steigen dennoch deutlich.

Wie sieht die Strompreisentwicklung bis Ende 2023 aus?

Stromanbieter dämpfen die Hoffnung auf deutlich sinkende Strompreise. Sie argumentieren, man habe die Preisspitzen des vergangenen Jahres nicht eins zu eins an die Kundinnen und Kunden weitergegeben. Daher könne man jetzt auch nicht die sinkenden Preise im Großhandel komplett an die Endkunden durchreichen.

Tatsächlich mussten sich die Unternehmen im vergangenen Jahr bei ihrem Stromeinkauf zum Teil zu sehr hohen Preisen längerfristig eindecken. Das engt nun ihre Spielräume für Preissenkungen ein.

Das räumen auch Verbraucherschützer ein: „Wer teuer eingekauft hat, der muss die Preise natürlich jetzt auch weitergeben“, sagte Ramona Pop, Vorsitzende der Verbraucherzentrale Bundesverband, zu Jahresbeginn auf dem Handelsblatt Energie-Gipfel.

Stromanbieter wechseln: Lohnen sich Billig-Anbieter?

Ramona Pop von der Verbraucherzentrale warnte davor, sich auf Schnäppchen-Angebote zu stürzen. Das sei „nicht immer die beste Lösung“, sagte sie. „Wie schnell das vorbei seinkann, haben wir im vergangenen Jahr gesehen.“

Tatsächlich waren 2022 viele Billig-Stromanbieter in die Knie gegangen, weil sie ihre Lieferverpflichtungen nicht mehr erfüllen konnten: Sie waren ihren Kundinnen und Kunden gegenüber vertraglich verpflichtet, Strom zu niedrigen Preisen zu verkaufen, mussten aber selbst kurzfristig an der Strombörse Strom zu viel höheren Preisen einkaufen. Sie hatten ihre Wette auf konstant niedrige Preise im kurzfristigen Stromgroßhandel verloren. Die Verbraucherinnen und Verbraucher waren die Leidtragenden: Sie wurden von ihrem Stromanbietern nicht mehr beliefert und mussten in die Grundversorgung ihres regional zuständigen Stadtwerks wechseln - und häufig kräftig draufzahlen.

Was beeinflusst die Strompreisentwicklung aktuell?

Entscheidend für die Strompreisentwicklung sind verschiedene Faktoren. So haben etwa die französischen Kernkraftwerke erheblichen Einfluss auf die Lage in Deutschland. Viele von ihnen stehen derzeit still, weil sie gewartet werden. Frankreich kauft daher viel Strom in Deutschland, das erhöht die Nachfrage und lässt die Strompreise steigen.

Andererseits gibt es Bemühungen, die Verstromung von Gas möglichst zu reduzieren, um Gas zu sparen. So hat die Bundesregierung im Sommer 2022 mit dem „Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz“ eine Regelung geschaffen, die dazu beitragen soll, dass alte Kohlekraftwerke reaktiviert werden. Das reduziert den Einsatz von Gaskraftwerken und dämpft das Preisniveau. Insgesamt bleibt die Lage aber angespannt und das Stromangebot knapp.

Wird Strom auch wieder billiger?

Von dauerhaft sinkenden Strompreisen ist nicht auszugehen. Die Stromunternehmen rechnen damit, dass Strom auf mittlere Sicht im Vergleich zu Vorkrisen-Zeiten um den Faktor zwei teurer sein wird. „Es wird nach unserer Einschätzung absehbar auf eine Verdoppelung der Gas- und Stromtarife hinauslaufen“, sagte Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Kommunaler Unternehmen (VKU). Im VKU sind die Stadtwerke zusammengeschlossen.

Wer hat die höchsten Strompreise in Europa?

Deutschland und Dänemark gehören seit Jahren zu den Spitzenreitern beim Strompreis für private Haushalte in Europa. Das belegen die regelmäßigen Strompreis-Vergleiche der europäischen Statistik-Behörde Eurostat.

Während die Strompreise im Handel an der Börse europaweit oft dicht beieinanderliegen, driften die Endverbraucherpreise weit auseinander. Das liegt an den unterschiedlich hohen Abgaben- und Steuerlasten, die wesentliche Bestandteile des Strompreises für Endkunden sind.

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Wie kann ich beim Strompreis sparen?

Verschiedene Vergleichsportale im Internet sind zur Orientierung nützlich. Grundlegende Informationen gibt es außerdem bei den Verbraucherzentralen. Oft lohnt es sich auch, die Energieberatungen der Verbraucherzentralen in Anspruch zu nehmen und einen Termin zu vereinbaren, um sich ausführlich beraten zu lassen.

Was verbraucht am meisten Strom zu Hause?

Die Heizungspumpe landet oft auf Platz eins der Stromfresser. Das gilt insbesondere dann, wenn es sich um ein sehr altes Gerät handelt. Heizungspumpen dienen der Verteilung des warmen Wassers, das durch die Heizkörper im Haus fließt.

Eine alte, ineffiziente Heizungspumpe kann locker 600 Kilowattstunden Strom pro Jahr verbrauchen. Bei einer modernen Pumpe sind es weniger als 50 Kilowattstunden. Es lohnt sich also, im Heizungskeller nachzuschauen und gegebenenfalls die Pumpe auszuwechseln. Die Kosten für Kauf und Einbau einer neuen Heizungspumpe haben sich angesichts der hohen Strompreise meist rasch amortisiert.

Auch Elektroherde zählen zu den Geräten im Haushalt, die am meisten Strom verbrauchen. Darum sollte man ein paar Grundregeln beachten: Der Topf sollte möglichst zur Plattengröße passen. Wasser kocht man lieber mit dem Wasserkocher statt auf dem Herd.

Auch Kühlschränke und Gefrierschrank können eine Menge Strom ziehen. Zumindest dann, wenn sie ein gewisses Alter haben und keine hohen Effizienzstandards erfüllen. Empfehlenswert ist es daher, sich beim Neukauf eines Kühlschranks oder Gefrierschranks für einen hohen Effizienzstandard zu entscheiden. Gleiches gilt für Wäschetrockner, Geschirrspüler und Waschmaschine.

Und außerdem verdienen heimliche Stromfresser heute mehr Beachtung denn je: Der Stand-by-Betrieb von Fernsehern, Computern, Druckern und anderen elektronischen Geräten summiert sich in vielen Haushalten oft zu einem erheblichen Stromverbrauch.

Mehr: Gaspreisentwicklung: So teuer ist Gas aktuell und in Zukunft.

Erstpublikation: 20.10.2022, 15:10 Uhr (zuletzt aktualisiert am 23.05.2023, 10.00 Uhr).

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Author: Barbera Armstrong

Last Updated: 01/07/2023

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